Interview: Vom Couchsurfing zur Professur

"Mein Weg zur Professur ist eine Story voller glücklicher Zufälle."

Hinter acht Jahren IU Zugehörigkeit schlummern viele spannende Anekdoten. Im Spotlight Interview mit Prof. Dr. Anna Klein konnten wir davon gar nicht genug bekommen. So erzählte uns die reisebegeisterte Tourismusprofessorin, wie der Zufall sie an die IU führte, von einem Brief, der sie besonders stolz gemacht hat oder wie mit der Pandemie positive Veränderungen in den Lehrmethoden einhergingen. Also: Weiterlesen lohnt sich.

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Liebe Anna, magst Du Dich vorstellen? Wer bist Du, was machst Du an der IU und wie lange schon?

Mein Name ist Anna Klein, Tourismusprofessorin, an der IU seit dem 01. April 2014 und seit April 2021 akademische Standortleitung in München. Ich unterrichte vor allem die Fächer Angewandte Forschung im Tourismus, Destinationsmanagement sowie Nachhaltigkeit und Qualitätsmanagement im Tourismus. Diese Themen sind ebenfalls die Schwerpunkte meiner Forschung.

Welcher Weg führte Dich „damals“ an eine private Hochschule?

Dahinter verbirgt sich eine Story voller glücklicher Zufälle! Vor knapp 10 Jahren reiste ich mit der transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking und nutzte, gemeinsam mit meinem jetzigen Mann, die Möglichkeit des Couchsurfings, um unverfälschte Einblicke in die bereisten Länder zu erhalten. So kamen wir in China mit einem deutschen Doktoranden in Kontakt, verstanden uns auf Anhieb und wie der Zufall es wollte, landete dieser ein Jahr später als Tourismusprofessor an der IU in München und unterrichtete mich per Mail über diese News. Ich wurde neugierig, informierte mich über die Möglichkeiten und schwups war ich selbst als Lehrende tätig. Parallel musste ich meine Doktorarbeit verteidigen und bekam meine Tochter zwei Monate vor Vorlesungsstart. Eine stressige, aber spannende Startphase und eine tolle Geschichte – vom Couchsurfing zur Tourismus-Professur.

Sehr cool, wie das Leben manchmal spielt!
Du hast eben das Thema Forschung angeschnitten. Wie viel Anteil nimmt die Forschung ein in Deinem Arbeitsalltag?

Sie spielt auf alle Fälle eine wichtige Rolle, wobei mir hier der duale Charakter der Hochschule und die Nähe zu den Praxisbetrieben zugutekommt. Zusammen mit meinen Kolleg:innen an anderen Standorten haben wir schon oft größere Projekte durchgeführt, um Erkenntnisse zu bündeln und zu veröffentlichen. Als Beispiel wäre das Projekt „#Umdenken im Tourismus“ zu nennen, wo unsere Studierenden deutschlandweit nach kreativen Lösungen für den Umgang mit der Pandemie für Ihre Praxisbetriebe gesucht haben. Im Folgeprojekt „#Umdenken im Tourismus und digital umsetzen“ haben die Studierenden dann anhand von quantitativen Befragungen und Beobachtungsbögen die digitale Präsenz in rund 400 Praxisunternehmen untersucht. Darüber hinaus haben wir ganz viele Gastreferent:innen eingeladen, die den Studierenden verschiedene Einblicke in das Thema Digitalisierung im Tourismus gewährt haben. So hatten wir, zum Beispiel einen Gast von der Deutschen Bahn zum Thema Künstliche Intelligenz oder einen Gastvortragenden von Bayern Tourismus Marketing GmbH, die kürzlich ein Kompetenzzentrum Digitalisierung gegründet haben, zum Thema Besucherlenkung. So verbinden wir typischerweise Forschung mit Studierenden, Praxis und Lehre.

Also ist es die Verbindung von Praxis und Theorie, die das Studium bei uns so besonders macht?

Ja, unter anderem. Ich höre immer wieder von Kolleginnen und Kollegen, die früher rein präsent und klassisch unterrichtet haben, dass die Interaktionen mit den Studierenden nicht so fruchtbar waren, weil für die jungen Leute die Praxis wie ein Buch mit sieben Siegeln war. Bei uns haben die Studierenden direkte Anknüpfungspunkte, können miteinander diskutieren und Erfahrungen austauschen. Alle Dozierenden sind Praktiker:innen, keine „Klischee-Profs“, die im Elfenbeinturm sitzen und keine Ahnung von der echten Welt haben. Klar, alle haben Gemeinsamkeiten in der Ausbildung, haben promoviert und waren in der Forschung unterwegs, aber wir haben alle auch mehrere Jahre Berufserfahrung, das ist der Unterschied! Ich habe lange als Tourismusberaterin in Mittel- und Osteuropa gearbeitet, ich weiß demnach, wo der Schuh drückt, und kann aus erster Hand berichten. Weitere Pluspunkte bei uns sind die Exkursionen und die Vorträge der Gastreferent:innen. So wird die Lehre fassbar, nahbar, konkret und durch didaktische Elemente angereichert.

Wie hat sich Lehre verändert in den letzten zwei Jahren?

Es hat sich enorm viel verändert. Die Taktung ist schneller, die ganze Welt verändert sich stetig und neue Entwicklungen setzen neue Impulse. Für die Lehre hat dies auch viele positive Veränderungen gebracht, wie zum Beispiel neue digitale Instrumente. Die IU war sehr vorbildlich in der Umstellung auf die digitalen Tools, wir haben von heute auf morgen unsere Infrastruktur umgestellt und das hat wunderbar funktioniert. Jetzt sind wir Profis und gehen ganz selbstverständlich mit Miro, Teams, Mentimeter, Zoom, etc. um. Außerdem kann man diese Programme auch super in die normale Präsenzlehre integrieren. Das ist eine große Bereicherung und macht richtig Spaß.
Man muss zudem immer auf dem neuesten Stand sein, stetig die Folien anfassen. In der Tourismusbranche beispielsweise sind es die Themen wie Overtourism, smarte Besucherlenkung oder Wandel von Marketing zu Management bei Tourismusorganisationen, die in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen haben und die in die Vorlesungen integriert werden müssen.

Wo bekommst Du alle diese Infos her zu Trends und Veränderungen?

Ich bin sehr gut vernetzt, bin zum Beispiel im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft. Mit dem Vorstandsteam treffen wir uns alle ein bis zwei Monate und sprechen und diskutieren rege. Außerdem wurde ich kürzlich in den Tourismusbeirat der Bundesregierung berufen. Als das persönliche Schreiben von Herrn Habeck kam, war ich mächtig stolz und habe als erstes meinen Eltern ein Foto von dem Schreiben geschickt. Was für eine Ehre! Außerdem sind wir auch IU- weit sehr gut vernetzt und fördern den Austausch untereinander in besonders hohem Maße.

Also funktioniert der Zusammenhalt unter den Kolleg:innen trotz remote?

Ja, sehr gut sogar! Die Umstellung auf digitale Meetings hat auch den großen Vorteil gebracht, dass wir Einblicke in die Vorträge der Kolleginnen und Kollegen erhalten und z.B. die Gastvorträge untereinander teilen. Außerdem mögen wir uns auch einfach!

Einer unserer Werte ist Umsetzungsstärke. Mit welchen Methoden strukturierst Du Dich?

Meine Struktur ergibt sich durch meinen Terminkalender, da wird alles eingetragen, sowohl beruflich als auch privat. Sonntags abends prüfe ich, was für die Woche ansteht. Meine Zeiten erfasse ich über eine App, um einen Gesamtüberblick zu behalten. Ich bin Mama von zwei Töchtern, arbeite Vollzeit, aber nie von 9 – 18 Uhr, weil ich die Kinder zwischenzeitlich abhole und Zeit mit ihnen verbringe. Ich setze mich daher abends nochmal an den Schreibtisch, das Tracken der Zeiten hilft mir, einen Überblick zu behalten. Außerdem habe ich am Ende der Woche einen Zeitblocker im Kalender, um die Woche Revue passieren zu lassen, da frage ich mich dann, was gut gelaufen ist und wo ich Verbesserungspotential sehe.

Welchen Tipp würdest Du Bewerber:innen mit auf den Weg geben, die sich für die akademischen Bereiche an der IU interessieren?

Die IU ist ein super Arbeitgeber, vor allem, wenn man sich auf das Abenteuer einlässt. Obwohl wir inzwischen so groß sind, ist die Start-Up Mentalität geblieben. Wir sind schnell, flexibel und innovativ, aber das muss man wollen. Wenn ich einen Job suche, der jeden Tag das gleiche bringt, bin ich hier falsch. Wir suchen Macher:innen, die offen sind für Neues. Ich finde hier besonders schön, dass man den Rahmen zur Gestaltung bekommt. Als Tipp kann ich mitgeben, dass man sich sehr gut auf den Probevortrag vorbereiten sollte. Dieser ist entscheidend und sollte gut strukturiert, didaktisch klar aufbereitet sein und zeigen, dass man für sein Thema brennt.

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Vielen Dank für die tiefen Einblicke, Anna!

Wenn auch Du für Dein Thema brennst, Deine praktischen Erfahrungen teilen und somit wertvolle Bildung vermitteln möchtest, dann starte in unserer akademischen Welt.